Schlör-Wagen: Ein Unikat soll auf die Straße zurückkehren

Historiker und Technikbegeisterte haben begonnen, einen Meilenstein der Technikgeschichte wieder aufzubauen. Der 1938 in Essen bei der Firma Ludewig karossierte „Schlör-Wagen“ galt lange als konsequenteste Umsetzung der Aerodynamik. Und schaut aus wie ein Wassertropfen. 

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Die Anfänge der Aerodynamik im Karosseriebau gehen zurück bis in die 1920er Jahre. Ein Forscher aus dieser Zeit war Dr. Ing. Karl Schlör von Westhofen-Dirmstein (1910 – 1997). Er begann 1936 seine Forschungsarbeit bei der Aerodynamischen Versuchsanstalt in Göttingen e.V. (AVA), dem Vorläufer des heutigen Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR).

 

"Flügel auf Rädern"

 

Mit seinem Mitarbeiter Hans Becker arbeitete er an einem Fahrzeug mit Einvolumen-Karosserie. Modellwindkanal-Messungen sollen einen noch heute traumhaft anmutenden Luftwiderstandsbeiwert von Cw 0,113 ergeben haben. So fiel 1938 in Göttingen die Entscheidung, den Wagen zu bauen. „Der Schlör-Wagen war lange Zeit die konsequenteste Umsetzung der Aerodynamik im Fahrzeugbau. Er war quasi ein Flügel auf Rädern“, sagt Prof. Dr. Andreas Dillmann vom DLR-Institut für Aerodynamik und Strömungstechnik.

 

Als Fahrgestell entschied sich Schlör für einen Mercedes 170 H (1,7 Liter Heckmotor mit 38 PS), den die Gebrüder Ludewig in Essen karossierten. Das Unternehmen hatte schon eine gewisse Erfahrung mit Stromlinienaufbauten für Opel-Blitz-Fahrgestelle. Anfang 1939 konnte der fertige Wagen zur IAA auf der Avus in Berlin vorgestellt werden.

 

Während des Zweiten Weltkriegs blieb der Schlör-Wagen, bekannt auch als „Göttinger Ei“, zunächst eingemottet. Schlör hatte es zum Militärdienst nach Riga verschlagen, wo er für die Wehrmacht Motorschlitten entwickelte. Von dort brachte er bei einem Heimaturlaub einen russischen Sternmotor mit nach Göttingen, der versuchsweise im Heck des Wagens montiert wurde, ohne weiter getestet zu werden. Nach Ende des Krieges beschlagnahmten die Engländer den Schlör-Wagen, seine Spur verlor sich.

 

Schlör und seine Mitarbeiter wollten offenbar nicht nur einen geringen Luftwiderstand erreichen, sondern auch Auf- und Abtrieb, Seitenwindempfindlichkeit, Gewicht und Schwerpunkt und andere Faktoren berücksichtigen, die sich auf Geschwindigkeit, Brennstoffverbrauch und Fahrsicherheit auswirkten.

 

Hätte der Zweite Weltkrieg seine Entwicklung nicht gestoppt, wäre der Schlör-Wagen ein Meilenstein geworden. Grund genug, ihn wieder entstehen zu lassen. Durch einen Hinweis von Winfried Seidel vom Automuseum Dr. Carl Benz in Ladenburg fanden sich bei einem Sammler im Westerwald drei Mercedes 170 H in geeignetem Zustand. Dieter Dressel von der Central Garage aus Bad Homburg v. d. Höhe sicherte sich die drei Fahrzeuge neben vielen Ersatzteilen und gab ein Fahrzeug an die Mobilen Welten e.V. weiter.

 

Zwei Wagen parallel

 

Nun sollen zwei Schlör-Wagen parallel rekonstruiert werden. Eine vollständige Version soll 1:1 in den nächsten Jahren in der Central Garage entstehen. Die Mobile Welten wollen eine teilgeschnittenen Variante aufbauen, welche die Technik – teilweise durch Acrylglas abgedeckt – nachvollziehbar macht. Im engen Austausch wollen beide Teams das Projekt vorantreiben und dabei ihre Erfahrungen gemeinsam nutzen. Sowohl in Bad Homburg als auch in Hannover hat man sich schon mit vergleichbaren Projekten befasst.

 

Aktuell wird an den Fahrgestellen gearbeitet, wo insbesondere der seinerzeit schon abgeänderte Rahmenkopf eine erste Herausforderung darstellt. Ein Mercedes-Motor steht bereits vor dem ersten Probelauf, ein zweiter Motor muss noch gefunden werden. Außerdem ist ein ziemlich lädiertes Getriebe noch mit Spezialisten wieder auf Vordermann zu bringen; es stammte damals immerhin von Maybach.

 

Die meiste Arbeit dürfte aber die Karosserie machen. 1938/39 baute Ludewig eine Holz- und Alu-Konstruktion, die den Wagen um ca. 250 kg schwerer machte als den Serien-MB 170 H mit nur 1100 kg. Trotz zahlreicher Fotos und Zeichnungen wird die Rekonstruktion keine leichte Sache. Aber eine spannende und spektakuläre!

 

Darüber berichtet haben unter anderem heise Autos, die HAZ  und die FAZ.